Weisheiten des Ostens

Besser leben dank chinesischer Lebenshilfe

Wer zu viele Pläne für sein Leben macht, nimmt sich die Möglichkeit, als Mensch zu wachsen, glaubte der chinesische Philosoph Mengzi (um 370 – 290 v. Chr.). Denn wir schmieden die Pläne für den Menschen, der wir gerade sind, aber nicht für den, der wir sein werden. Dabei lassen wir außer Acht, dass sich unsere Lebensumstände, die Welt und auch wir selbst uns verändern. 

»Wenn Sie offen bleiben für Neues, werden Sie sich nicht limitieren, sondern Ihr Leben verändern«, schreibt Michael Puett zu den Gedanken von Mengzi. Puett ist Professor für Chinesische Geschichte an der Harvard University in Cambridge. Seine Lehrveranstaltungen zählen zu den beliebtesten der renommierten Hochschule. Hunderte Studenten strömen in seine Vorträge, in denen er die Philosophie des alten Chinas erklärt und den Zuhörern verspricht, dass sich ihr Leben verändert, wenn sie die Ratschläge der Philosophen ernst nehmen. 

Unter seinen ehemaligen Studenten war auch die Journalistin Christine Gross-Loh, mit der Puett die Ideen der chinesischen Denker in diesem Buch alltagstauglich aufbereitet hat. Gemeinsam beschreiben die beiden Autoren, wie in der so genannten Achsenzeit (600 bis 200 v. Chr.) sowohl in Europa als auch in Asien philosophische und religiöse Bewegungen wie Pilze aus dem Boden schossen. Doch während andere Philosophen über tiefsinnige Fragen wie »Haben wir einen freien Willen?« oder »Was ist der Sinn des Lebens?« grübelten, beschäftigten sich chinesische Denker vor allem mit einer einfachen Frage: Wie sieht unser tägliches Leben aus?

So setzte sich Konfuzius (vermutlich 551 v. Chr. – 479 v. Chr.) mit sozialen Ritualen auseinander, die darauf abzielen, unsere Gefühle zu kultivieren und so einfühlsamer auf andere Menschen reagieren zu können. Alte Verhaltensweisen abzulegen, forme nicht nur uns selbst, sondern auch die Menschen in unserem Umfeld. Und das könne schlussendlich die Welt verändern. Laotse (der im 6. Jahrhundert vor Christus gelebt haben soll) sah in vermeintlicher Schwäche die wahre Stärke, denn derjenige, der Unterlassung praktiziere, sitze in bestimmten Situationen am längeren Hebel. 

Während Konfuzius und Laotse schon längst über die Grenzen Chinas hinaus bekannt sind, stößt man in dem Buch auch auf die Gedanken weniger prominenter Kollegen wie eben Mengzi oder Zhuangzi (um  365 v. Chr. – 290 v. Chr.). Jeder dieser Philosophen hat eine etwas andere Vorstellung davon, wie wir unser Verhalten und unsere Beziehungen verbessern können und den Weg unseres Lebens beschreiten sollten. Einig sind sie sich jedoch darin, dass dieser Pfad das Potenzial in sich trägt, uns und die Welt zu ändern. 

Puett und Gross-Loh sind davon überzeugt, dass die Vorstellungen dieser großen chinesischen Denker dazu, wie man sein Leben führen sollte, heute noch genauso gelten wie vor über 2.000 Jahren. Entsprechend liest sich das Buch ein wenig wie eine Mischung aus einer Einführung in chinesische Philosophie und einem Leitfaden für ein glücklicheres Leben – und doch ist es nicht nur das eine noch das andere. Ob die Ideen tatsächlich eine tragbare Alternative zum »Zeitalter der Selbstgefälligkeit« bieten, wie es in dem Buch heißt, sei dahingestellt. Zum Nachdenken regen sie aber allemal an.